Giftschlange - Die vier nötigen W's!

Wenn sich die Frage stellt: "Giftschlange - Ja oder Nein?" dann muss man zum Erörtern des Themas einiges beachten.

 

Es gibt meiner Meinung nach" vier W's", die man diskutieren sollte.

 

1. Warum möchte ich eine Giftschlange erwerben?

 

2. Was brauche ich um eine Giftschlange artgerecht und sicher zu halten?

 

3. Welche Erfahrung sollte ich vorzuweisen haben?

 

4. Welche Giftschlange ist die Richtige?

 

 

Beginnen wir mit dem einfachsten W und gleichzeitig einem K.O.-Kriterium! Der Grund, warum Menschen Giftschlangen halten wollen ist sehr unterschiedlich. Ich möchte auch im Folgenden niemandem zu nahe treten durch meine Ansicht der Dinge.

 

Es gibt für mich nur einen "richtigen" Grund eine Giftschlange halten zu wollen und das ist der gleiche Grund, der einen zur Haltung von ungiftigen Schlangen geführt hat. Die "Faszination Schlange" reicht aus, um das Hobby zu rechtfertigen, wer das nicht verstehen kann, der wird auch selbst nie solche Tiere halten. Dazu kommt das Giftschlangen ein anderes Selbstvertrauen ausstrahlen als ungiftige Schlangen, man merkt den meisten Giftschlangen an, dass sie genau wissen was sie leisten können!

An dieser Stelle sei auch darauf hinzuweisen, dass der Fakt "Giftigkeit" eine Rolle spielen sollte, schließlich handelt es sich um potentiell tödliche Tiere.

 

Also zusammenfassend kann man sagen:

 

Nachvollziehbare Gründe für den Erwerb einer Giftschlange:

  • Faszination Schlange
  • Besondere Ausstrahlung von Gifttieren
  • Wunsch die Schlangenhaltung auf das nächste Level zu heben
  • Wunsch ein bedrohtes Gifttier nachzuzüchten (Stichpunkt Arterhaltung)

 

nicht nachvollziehbare (falsche) Gründe für den Erwerb einer Giftschlange:

  • Coolheits-Faktor erhöhen (Kumpels mit Giftschlange beeindrucken)
  • "Mal was anderes" zu halten...
  • Um einen Grund zu haben, Tiere sterben zu sehen durch einen Giftbiss!!! (Solche Leute gibt es...selbst schon kennen gelernt...)
  • Wunsch nach Adrenalin-Kick

 

Wer also zur ersteren Fraktion gehört, der darf weiterlesen, die zweite Fraktion kann sich mit was anderem beschäftigen.

 

Kommen wir zum zweiten W. Was brauche ich um eine Giftschlange artgerecht und sicher zu halten?

 

Die Antwort ist relativ einfach. Den Anspruch artgerecht gehalten zu werden haben alle Tiere. In unserem Bereich heißt das, es gibt keinen Unterschied zwischen ungiftigem Tier und giftigem Terrarienbewohner. Die Haltungsbedingungen sind den Bedingungen der Herkunft der Tiere anzupassen, egal ob es sich um eine Kornnatter oder eine Königskobra handelt. Bestimmte Aspekte sind zu beachten. Die Größe und Art des Terrariums, Temperatur, Luftfeuchtigkeit und die Art der Einrichtung.

 

 

Größe: Die Tiere brauchen eine Möglichkeit sich zu bewegen. Zum Thema "Größe des Terrariums" könnte man jetzt eine Abhandlung schreiben, ich halte es aber kürzer!

Hier kann das aktuelle ("aktuell" ist von 1997) "Gutachten über die Mindestanforderung zur Haltung von Reptilien" eingesehen werden. Wer jedoch meine Meinung oder meinen Ratschlag haben möchte, kann sich gerne über das Kontaktformular oder per Mail bei mir melden!

 

Art des Terrariums: Selbstverständlich muss man das Terrarium an die natürlichen Gewohnheiten des Tieres anpassen. Beispiel: Ein Baumpython (Morelia viridis) braucht ein Hochterrarium als Schlange, welche eine arboricole (baumbewohnende) Lebensweise an den Tag legt.

 

Klima: Temperatur und Luftfeuchtigkeit müssen stimmen!!! Die Temperatur spielt selbstverständlich eine tragende Rolle bei ektothermen Lebewesen. Es ist wichtig, dass das Tier verschiedene Temperaturzonen vorfindet (Temperaturgefälle: wärmster Punkt zum Aufwärmen und kühlster Punkt zum Abkühlen), denn auch Reptilien zeigen über den Tag gesehen verschiedene Vorzugstemperaturen.

Ebenfalls sehr wichtig ist die Luftfeuchtigkeit. Diese kann bei falschen Parametern zu ernsten Problemen bei den Tieren führen, im schlechtesten Fall bis hin zum Tod.

Und nicht zu vergessen, es gibt Pfleglinge, welche an Mikroklimate gebunden sind, z.B. überwiegend in bzw. unter der obersten Bodenschicht lebende Tiere. In diesem Fall ist es wichtig, dass die Werte im Boden stimmen und nicht nur die Lufttemperatur.

 

Einrichtung: Das Tier muss sich wohl fühlen. Klingt blöd, aber stellt euch vor ihr seid zu Hause im Wohnzimmer und alle Wände bestehen aus Glas und ihr sitzt in einem leeren Zimmer in der Mitte auf einem Stuhl. Ich denke, so fühlt sich niemand wohl und das gilt auch für Reptilien.

Die Tiere brauchen Bepflanzung bzw. Dekoration in Form von Rinden, Baumstämmen usw. als Rückzugsmöglichkeit, denn viele Tiere werden aggressiv, wenn sie keine Möglichkeiten haben sich zurückzuziehen. Daher gehört eine gute Einrichtung dazu, wenn man Spaß an seinem Tier haben möchte.

 

Alles in allem unterscheidet sich die artgerechte Haltung von Giftschlangen und ungiftigen Schlangen kaum. Es gibt einige spezielle Formen von Rückzugsmöglichkeiten, welche man bei ungiftigen Schlangen selten sieht, z.B. die Schlupfbox. Diese hat den Vorteil, dass man die Tiere dort verschließen kann und die gesamte Box bei der Reinigung des Terrariums herausnehmen kann. Dies ist jedoch kein Muss für eine artgerechte Haltung.

 

Zusammenfassend kann man sagen, der Schlüssel für eine artgerechte Haltung von (Gift)Schlangen, ist das Wissen über die Herkunft und die disziplinierte Umsetzung dieser geographischen und klimatischen Fakten.

 

Der andere Aspekt des dritten W's ist die Frage, wie man Giftschlangen sicher hält.

Hierbei muss folgendes beachtet werden. Macht euch immer wieder bewusst, wie gefährlich diese Tiere sein können, daher ist es eine schwachsinnige Idee ein Terrarium mit einer hochgiftigen Schlange ins Wohnzimmer zu stellen, wo eventuell Kinder umherlaufen oder Freunde bei Parties in der Nähe sind. -- Es gab einen Vorfall in Niedersachsen vor 9 Jahren als ein junger Kobrahalter eine Party gab und einer seiner Kollegen, leicht angetrunken, in das Terrarium fiel und von der Monokelkobra (Naja kaouthia) gebissen wurde. -- Auf der anderen Seite muss man sagen, gibt es auch viele etwas ältere Halter, welche ihre Gifttiere im Wohnzimmer halten und da gibt es nie solche Vorfälle. Also an dieser Stelle, jedem das seine!

Optimal ist für Giftschlangen ein eigener Raum, welcher abschließbar ist und mit einem eigenen Telefon für den notwendigen Anruf beim Giftnotruf ausgestattet ist. Dazu kommt, dass von außen erkennbar sein muss, dass giftige Tiere in diesem Raum leben! Eine Bestandsliste mit Terrariennummern an der Tür ist eine gute Lösung. Ich muss nicht erwähnen, dass alle Terrarien ein Schloss besitzen müssen!

Das Equipment ist bei Giftschlangenhaltern auch etwas umfangreicher. Neben Schlangenhaken in verschiedenen Längen und Stärken, gibt es noch Pinning Hooks zum Fixieren der Schlangen, welche optional sind. Dazu kommen eventuell Tubes (Plastikröhren). Oskartonnen oder Allzwecktonnen haben sich ebenfalls gut bewährt, denn manchmal kann es ganz schön lästig sein eine Schlage in eine Faunabox zu stecken ;-)

 

Auch hier könnte die Liste endlos weitergeführt werden können, aber ich möchte den Teil übersichtlich halten, daher auch hier, wer sich eine Giftschlange zulegen möchte, der kann vor dem Kauf sich gerne von mir beraten lassen.

 

 

So dann kommen wir zum wichtigsten Punkt. Welche Erfahrung sollte ich vorzuweisen haben?

 

Meine liebste Frage. Vorneweg, das hier ist meine eigene Meinung und ich möchte damit niemanden (auch keine halben Legenden in der Giftschlangenhaltung) kritisieren. Jeder hat dazu seine eigene Meinung und ich möchte meine hier vorstellen und auch begründen.

 

Meiner Meinung nach wird ein Faktor immer unterschätzt. Und zwar der potentielle Halter selbst. Das möchte ich auch kurz erklären, ich habe in meiner langen Zeit die ich Schlangen halte schon etliche Leute gesehen, die 5-15 Jahre Erfahrung mit anspruchsvolleren Schlangen hatten, wie z.B. der Haltung von Netzpythons (Malayopython reticulatus) oder auch der Haltung von Hühnerfressern (Spilotes pullatus) und trotz dieser Erfahrung im Umgang mit, sagen wir mal temperamentvolleren Schlangen, welche gerne mal schnappen und mit Vorsicht und Bestimmtheit gehändelt werden müssen und trotzdem beim Umgang mit Gifttieren gemerkt haben, dass diese ihre Grenzen überschreiten.

 

Da muss man sich fragen, woran liegt das? Und in den meisten Fällen ist die Antwort, dass der Halter sich innerlich doch nicht ganz zutraut ein giftiges Tier zu händeln. Oft werde ich gefragt: "Wieviele Jahre sollte ich mit ungiftigen Schlangen umgehen, bis ich eine Giftschlange halten kann?" Ich persönlich finde es fast schon fahrlässig diese Frage mit einer Antwort wie "So 10 Jahre solltens schon sein..." zu beantworten, denn manche Leute machen das auch so und nach 10 Jahren zieht ein Gifttier ein und nach 1-2 Handlingsessions sieht man deutlich, dass es dem Halter nichts bringt diese "10 Jahre Erfahrung mit ungiftigen Schlangen" zu haben.

Ich möchte damit nicht sagen, dass man daher gleich mit einer Giftschlange anfangen sollte, denn Erfahrung im Umgang mit Schlangen ist immer empfehlenswert, aber eine absolute Zahl zu nennen, halte ich für falsch!

Ich kenne auch persönlich einige Beispiele, die mit einer Kornnatter oder einem Königspython angefangen haben und direkt danach kam eine Klapperschlange und diese Halter sind mittlerweile seit 10-15 Jahren (bissfrei) in der Giftschlangenhaltung.

 

Auch hier möchte ich einen zu langen Text vermeiden, daher sage ich abschließend, eine konkrete Zahl wird man von mir nicht hören, aber es gibt einige Dinge die man vor einem Kauf berücksichtigen sollte. Grundsätzlich sollte man versuchen sich selbst die Frage zu stellen, ob man sich zutraut eine Giftschlange zu halten. Wer bei dieser Frage schon zögert oder sogar Angst empfindet bei dem Gefühl, der sollte erst einmal Abstand nehmen von diesem Thema.

 

Sehr empfehlenswert ist es, bei einem Giftschlangenhalter anzufragen, ob man ihn besuchen kann und sich über das Thema unterhalten könne mit eventuellen Praxistipps, die der Halter einem potentiellen Halter direkt zeigen kann! An diesem Punkt merken viele Menschen, ob sie wirklich das "Zeug" dazu haben ein Gifttier zu halten.

 

Wer über diesen Punkt hinaus ist und sich nur noch fragt, welche Giftschlange ist gut für den Einstieg geeignet, der sollte auch hier vorsichtig sein, was diverse Züchter von sich geben. Denn oft ist die geeignetste Art, die die der Züchter gerade nachgezogen hat ;-)

 

Es gibt einige Schlangen, die oft genannt werden, da sie mindergiftig sind wie z.B. die Hakennasennattern (Heterodon spec.). Da gilt grundsätzlich, dass das Gift für einen Menschen nicht tödlich ist, aber wie allen Giften gilt, wenn eine Allergie vorliegt, kann ein Biss ernste Konsequenzen nach sich ziehen.

 

Dazu kommen Tiere wie Kupferköpfe (Agkistrodon spec.) oder auch die Weißlippen-Bambusotter (Trimeresurus/Cryptelytrops albolabris) welche oft als Anfängerschlangen gehandelt werden. An dieser Stelle muss ich sagen, man sollte danach gehen was einen am meisten anspricht! Das klingt unseriös, aber was bringt einem eine Giftschlange zu Hause, die man nur hat, weil sie weniger giftig als andere ist, oder "friedlicher" als andere Tiere. Die Faszination für die Schlange muss da sein und wenn das nicht gegeben ist, sollte man die Finger von dem Tier lassen, egal wie ungiftig und gut geeignet sie ist. Wenn jemand als erste Giftschlange eine Westliche Diamantklapperschlange (Crotalus atrox) haben möchte und sich diese zutraut, sich informiert über das Tier ist dem gegenüber nichts einzuwenden! Es gibt natürlich einige Tiere von denen man am Anfang die Finger lassen sollte (Mambas, große Kobras, Kraits usw.) aber oft folgen diese Schlangen, wenn der Halter mit seinen giftigen Tieren wächst.

 

Zusammenfassend:

 

  • Giftschlangenhaltung hängt sehr vom Menschen selbst ab! Was trau ich mir zu?
  • Erfahrung mit ungiftigen "aggressiven" Schlangen ist nicht schlecht, aber kein Muss!
  • Treffen mit Giftschlangenhaltern sind äußerst wichtig! (Praxiseinblick)
  • Nicht nach "Anfängergiftschlangen" gehen, sondern nach dem was einem gefällt (mit leichten Einschränkungen, siehe Text)
  • Bitte informieren über die Gesetzeslage in eurem Bundesland!!!!
  • Gifttiere nicht zu Billigpreisen im Internet kaufen, manche Händler geben sogar Versand per DHL an! Bitte nicht bei solchen Leuten kaufen! Das gilt aber auch für ungiftige Tiere!

 

So ich hoffe mir ist jetzt keiner böse, dass ich nicht hier stehe und sage "15 Jahre Riesenschlangen und temperamentvolle Nattern-Erfahrung brauch man vor einer Giftschlange" ;-)

Gruß an einen Kollegen aus Schleswig-Holstein!

 

Jetzt sind wir nach viel Schreiberei am Ende angelangt. Diese kurze Übersicht könnte auch über 20-30 Seiten gehen, wenn man noch einige Anekdoten und mehr Informationen hinzufügt, aber ich möchte niemanden mehr erschlagen, als ich bereits getan habe :P

 

Wenn jetzt noch konkrete Fragen bestehen, dann scheut euch nicht mich zu kontaktieren per Formular oder Email!

 

giftige Grüße

Christian